GB stellt vor: Der Feuerring

Foto: Dennis Savini

Als das Team um den Künstler Andreas Reichlin anfragte, ob ich mir ein Interview mit ihm zu seinem Feuerring auf meiner Seite vorstellen könnte, war ich gleich angetan. Denn beim Feuerring vereinen sich der skulpturale Aspekt mit dem menschlichen Urbedürfnis der gemeinsamen Nahrungszubereitung am Feuer. Eine Synthese, die ich mir gut in einem zeitgenössisch gestalteten Garten vorstellen konnte …


Lesezeit: 7 Minuten

Interview: Andreas Reichlin, Anke Schmitz ∗ Einleitung: Anke Schmitz ∗ Textbearbeitung: Joel Seiffer, Anke Schmitz ∗ Fotos: siehe Bildunterschrift ∗ Lekorat: Dr. Ruthild Kropp


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GB: Lieber Andreas, mit dem Feuerring hast du aus der Not wahrlich eine Tugend gemacht. 2017 konntest du mit deinem skulptural anmutenden Objekt den German Design Award gewinnen … was war deine persönliche Ausgangssituation zur Fertigung des Feuerrings?

AR: Die Ausgangslage war meine Ausbildung als Bildhauer; über 20 Jahre habe ich als freischaffender Künstler gearbeitet. Ich wollte gesund grillieren, da ich das Feuer liebe, aber grillen über der Glut schlichtweg nicht vertragen habe. So habe ich eine ästhetische Lösung gesucht und es entstand eine Skulptur, die eine gesellige Runde ums Feuer ermöglicht, ein Produkt, das so nachhaltig ist, dass es mit dem Gebrauch immer schöner wird und schlussendlich mitsamt der vielen schönen Erinnerung vererbt wird. Und ja, am Ende ist es auch ganz schön, dass man darauf so wunderbar und vielseitig grillieren kann.

GB: Du thematisiert mit eurem Feuerring die alte Lehre von den vier Elementen Feuer-Wasser-Erde-Luft, was natürlich bei euch mit Blick auf den Schweizer Zugersee hervorragend zusammenpasst. In welcher Umgebung, genauer in was für einem Garten, siehst du dein Objekt idealerweise?

AR: Als Bildhauer habe ich den Anspruch, Form und Raum miteinander zu vereinen. Durch die verschiedenen Modelle, die ich entworfen habe, und durch die zeitlose, archaische Form passt der Feuerring in jede Umgebung und jede Zeit. Er wirkt still und reduziert, während er gleichsam eine kraftvolle Ausstrahlung hat. Ob er nun in Moskau auf einem Hochhausdach steht oder in der Schweizer Bergen neben einer Waldhütte, überall passt sich der Feuerring ein und bereichert Umgebung und Menschen durch seine mit Funktionalität gepaarte Ästhetik.

GB: In der zeitgenössischen Gartenkunst, spezieller beim perennial Movement, besteht der große Reiz ja ebenfalls darin, klare Formen, meist Hecken, scheinbar wilden Flächen entgegenzusetzen. Wenn du also als konkreten Ort an einen Garten deiner möglichen Kunden denkst, wie sieht dieser aus?

AR: Der Feuerring erfüllt ein ganz grundlegendes Bedürfnis des Menschen, das uns alle verbindet: das Bedürfnis, Nahrung zuzubereiten und in Gemeinschaft einzunehmen. Schon immer war die Nahrungsaufnahme Dreh- und Angelpunkt einer jeden Kultur. Gleichsam erfüllt er aber auch ein zweites Bedürfnis, das uns Menschen verbindet: das Bedürfnis nach klaren Formen. Manchen Gärten sieht man dieses Bedürfnis mehr an als anderen, doch in allen funktioniert der Feuerring.

GB: Du wendest dich mit deinem Feuerring an mich als Gartenblog. Welche inhaltlichen Überschneidungen siehst du da?

AR: Es schreiben jeden Monat die unterschiedlichsten Redaktionen über uns, doch am Ende ähneln sich deren Texte häufig: Sie bauen auf unseren eigenen Formulierungen auf. Mit dir wünschen wir uns einen neuen Blickwinkel auf uns selbst zu bekommen. So haben wir beispielsweise eben gelernt, dass gerade die zeitgenössische Gartengestaltung vom Kontrast zwischen Wilderness und klaren Formen lebt und der Feuerring diese klaren Linien bietet.

GB: Zu Beginn sprachst du davon, dass du selbst auch ein großer Fan der Grillkultur bist. Ich gehe mal davon aus, dass du selbst hin und wieder auch nochmal im heimischen Garten auf dem Feuerring deine Speisen zubereitest. Wie würdest du denn deinen eigenen “Künstler”-Garten beschreiben?

AR: Ein Fan der Grillkultur bin ich nicht. Absolut nicht. Im Gegenteil: Wir haben mit dem original Feuerring eine neue Philosophie des Grillierens geschaffen. Mein Garten ist auf das Wesentliche reduziert: Den Feuerring und die Kräuter, zum Grillieren.

GB: Aus Missverständnissen entstehen manchmal gute Fragen 😉 Wo siehst du also die Unterschiede zwischen der gängigen Grillkultur und der Philosophie des Grillens auf dem Feuerring?

AR: Das klassische Grillen ist eine einsame Angelegenheit, mit meist sehr klassischer Rollenverteilung: Die Frau bereitet die Beilagen in der Küche zu und der Mann steht am Grill. Beim Feuerring dagegen wird wieder in geselliger Runde um ein Holzfeuer grilliert. So kann jeder sein eigenes Gericht zubereiten (wie beim Schweizer Raclette) oder seinen Teil zu einem Gesamtwerk beitragen.

GB: Du und dein Team organisiert mit eurem Feuerring auch Events im kulinarischen aber auch akustischen Bereich. Welchen Stellenwert hat dieser gesellschaftliche Aspekt für dich und wie wirkt sich dieses vielleicht auch auf dein Verhältnis zum Feuerring im Vergleich zu deinen vornehmlich künstlerischen Plastiken aus?

Ich glaube, durch den ganzheitlichen Charakter – die Rundheit – des Feuerrings wird eine künstlerische Betätigung und Genuss in vielen verschiedenen Dimensionen eröffnet. Nehmen wir den Klang: Ein reiner Klang entsteht nur mit einer reinen Struktur. Das Spannende ist noch, dass durch die Verschweißung und meinen Anspruch, skulptural zu erscheinen, die Form so reduziert wirkt und dadurch der Klang ermöglicht wird. Wäre der Ring nur aufgelegt, würde es scheppern, nicht klingen. Somit ist der Klang ein Indiz für die Reduktion und die Verarbeitung. Ist ein Grillring nur aufgelegt, wirkt das Ganze in sich nicht stimmig – visuell wie akustisch und es handelt sich dann einfach nur um einen Grill. Dasselbe gilt für andere Bereiche: Ein Architekt, welcher Kunst in seinen Bau integrieren will, bekommt mit dem Feuerring die Möglichkeit, eine Skulptur zu stellen, die durch ihre Reduktion in unterschiedlichen Umfeldern immer wieder gänzlich anders wirkt. Köche reduzieren sich durch den Feuerring und entdecken so einen ganz eigenen Koch-Stil. Um die Verknüpfung zu meinen Stahlplastiken herzustellen: Mit meinen Plastiken wollte ich dem schweren Stahl eine Leichtigkeit geben – mit dem Feuerring ist mir das ebenfalls gelungen, obwohl er gleichsam für mich etwas Sakrales hat.

GB: Am Anfang war es ja eine Not, aus der du den Feuerring entwickelt hast. Daraus ist eine kleine eigene Kultur entstanden. Hast du all das, also Kochbuch, Gastro- und Klang-Events bereits zu Beginn deiner Recherche zur Schaffung des Feuerrings auf dem Schirm gehabt? (Was hat vielleicht auch deine Erwartungen bei weitem übertroffen?)

AR: Ich habe noch nie ein Produkt nach Auftrag designed. Weder bei meiner Kunst, noch bei den Feuerringen. Als Künstler hat man die Veranlagung, für seine eigenen Bedürfnisse zu arbeiten – genau so ist der Feuerring keine Auftragsarbeit gewesen. Er war schlicht und einfach für mich und meine künstlerischen Bedürfnisse nach einem gesunden, geselligen Grillieren. Was ich damit losgetreten habe, das konnte ich tatsächlich nicht ahnen. Weder ich, noch meine Partnerin Beate, die mich dazu überredete, die Freude am Feuerring weiterzugeben.

GB: Lieber Andreas, herzlichen Dank für deine Zeit und dafür, dass ihr mich angesprochen habt 🙂 Grüße in die Schweiz!

Foto 1: Daniela Kienzler ∗ Foto 2: Buero Nord ∗ Foto 3: Sylvan Mueller ∗ Foto 4: Guenter Standl ∗ Foto 5: Rodger Harrison


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