„Jeder hat seine Vorstellung vom Paradies.“

Copyright Charles Hawes

Ein Interview mit John Sales von ANNE WAREHAM. Ursprünglich in englischer Sprache auf Annes Blog THINKINGARDENS erschienen, bot Anne mir an, das Interview mit dem ehemaligen NATIONAL TRUST Head of Gardens JOHN SALES, auf Grünes Blut zu veröffentlichen.


Lesezeit: 5 Minuten

Interview: John Sales, Anne Wareham Text: Anne Wareham (Mit Dank auch an Charles Hawes für seinen wertvollen Beitrag zum Interview und zum Text) Fotos und Copyright: Charles Hawes   Übersetzung: Dr. Ruthild Kropp, Anke Schmitz Lektorat: Dr. Ruthild Kropp


Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit der Kluft zwischen dem professionell gestalteten Garten und dem Garten des erfahrenen Amateurs, vor allem weil ich die Gartengestaltung als einen laufenden Prozess erlebe, an dem ich bei Veddw täglich beteiligt bin, und nicht als eine einmalige Planungsübung.
Dann traf ich John Sales, der mir mitteilte, dass er selbst viel über dieses Thema nachgedacht habe. Also interviewte ich ihn für thinkingardens.

John begann mit den Worten, dass der Begriff der „Pflege“ routinemäßige, statische Verfahren wie Staubwischen nahelege. „Aber in einem Garten hat jede wiederholte Tätigkeit eine kumulative Wirkung – auch wenn Sie den Rasen mähen, Pfade harken, Zäune flicken oder Gebäude reparieren. Alles, was Sie in einem Garten tun, trägt zum Design bei und ist Design. Design ist nicht nur das, was man auf Papier zeichnet. Designer beginnen einen Prozess: Ihre Aufgabe ist es, Ideen zu formulieren, die einen Beitrag zum Konzept leisten.“

John Sales: Kontext und Konzept: Pflege ist der Schlüssel zum Design

Zu Recht und interessanterweise weist John darauf hin, dass, wenn wir über Gärten sprechen, keine ausreichende Sprache haben. Er erzählte uns, dass er auf den Begriff des Konzepts gestoßen sei, als er darüber nachdachte, warum einige Designs nicht richtig funktionieren. Dann wurde er zu einem Projekt mit einem „Konzeptarchitekten“ hinzugezogen, dem die anderen Architekten Bericht erstatteten, und er erkannte, dass Design eine Möglichkeit ist, ein Konzept zu verwirklichen.
„Jeder hat seine Vorstellung vom Paradies. Man ist vielleicht schlecht darin, sie zu verwirklichen, aber sie ist da. Man kann immer erkennen, wie der Garten eines Menschen aussehen wird, wenn man ihn kennenlernt.
Die Aufgabe des Designers ist, dieses Konzept aus den Menschen, dem Ort, der Geschichte, der Funktion und dem Bestehenden herauszuholen. Ein unbeschriebenes Blatt gibt es wahrscheinlich nicht – selbst der Olympiapark hat einen Kontext. Ein Konzept sollte nicht aufgezwungen werden – leider verbringen einige Leute Zeit damit, das Konzept eines anderen zu verfolgen. Sie können einen „Designer-Garten“ kaufen, zum Beispiel ist Broughton Grange eine echte bunte Tüte, ohne erkennbares oder einheitliches Konzept. Im Vergleich dazu hat zum Beispiel Biddulph ein Konzept, auch wenn es bizarr ist, alle Pflanzen der Welt in ihrem Kontext anzubauen. Aber große Designer sind zu den großen Egos geworden und das Ergebnis ist, dass man sie und ihren Stil kauft. Dennoch ist alles, was du gekauft hast, lediglich der Ausgangspunkt.“

Realisierung eines Designs

John führte weiter aus, in welcher Art und Weise Gärten als Prozess zu verstehen sind. Er wies darauf hin, dass wir, was auch immer wir tun, entwerfen – auch wenn wir uns morgens anziehen. (Ich liebe das und kann sehen, wie unser Konzept, wer wir an einem bestimmten Tag sind – Gärtner, Gartenbesucher, Partymensch, Büroangestellter, – etwas darüber aussagt, wie wir unseren Look zusammenstellen. Anmerkung Anne Wareham) Er wies auch darauf hin, dass selbst Capability Brown selten seine eigenen Pläne gezeichnet zu haben scheint. Die Pläne, die wir von ihm haben, wurden eigentlich hauptsächlich von anderen Leuten erstellt, die aufzeichneten, was er vor Ort dargelegt hatte. „Die meisten unserer großen Gärten entstanden Stück für Stück vor Ort im Laufe der Zeit. Gärten sind sich ständig verändernde Prozesse. Das Einzigartige an ihnen ist das Nebeneinander von Leben und Tod, Inaktivität und Dynamik, die Interaktion zwischen Wetter, Zeit und Jahreszeit. Und Licht.“
Menschen nähern sich Gärten, als wären sie Objekte oder Innenarchitektur, aber ein Garten beginnt, wenn Pflanzen zusammenwirken. Vergleichen Sie Topfpflanzen im Innenbereich – dort interagieren sie nicht, sondern wirken als statisches Element. Bei Gärten geht es tiefer, weil die Dinge wachsen – spirituell, kreativ, künstlerisch. An einem Garten bereitet uns Freude, Dinge wachsen und sich entwickeln zu sehen.“

Schaugärten und Konzeptgärten

„Schaugärten sind sehr irreführend. Sie zeigen gut, wie erfolgreich ein Designer bei einem einmaligen Effekt ist, aber sie sind keine Gärten. Bis die Pflanzen miteinander und mit den anderen Elementen zusammengewirkt haben, ist das, was Sie haben, eine Installation. Einige simulieren Gärten und sie sind sehr geschickt, aber das hat nichts mit Gartenarbeit zu tun. Es ist ein Gemälde.
Konzeptuelle Gärten sind eine großartige Ergänzung, ein neues Spiel, aber sie sind keine Gärten. Sie gleichen vielmehr Skulpturen. Früher waren die Kunstformen voneinander getrennt, aber jetzt treffen sie sich alle, vermischen sich und beginnen zu verschwimmen. Es gibt Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Kunstformen: Gärten sind wie Choreographie, ein langsames Ballett.“

Fazit

Ein letztes Zitat und Zusammenfassung: „Gärten sind tatsächlich hoch entwickelte Ökosysteme, die durch ständige Anpassung an ein bekanntes Ideal erhalten werden müssen.“